14.02.2024

Nachhaltigkeit trifft Digitalisierung

Um als Unternehmen positive Veränderungen für Umwelt und Gesellschaft zu erzielen, hat sich Beiersdorf mit seiner Nachhaltigkeitsagenda CARE BEYOND SKIN ambitionierte Ziele gesetzt: so sollen u.a. die CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, also über Scope 1-3 hinweg, um 30 % absolut bis 2025 reduziert werden (vs. 2018). So weit so gut, aber wie behält man jetzt alles im Blick, was im Unternehmen stattfindet? Und wie kann sichergestellt werden, dass genau die Hebel in Bewegung gesetzt werden, die den größten Impact erzielen. Und wie beeinflussen bestimmte Maßnahmen, die jetzt getroffen werden, die CO2-Bilanz langfristig?

Fragen über Fragen, die das Thema Nachhaltigkeit mit sich bringt. Und exakt hier setzt das „Sustainability Digitalization Program“ an, das Beiersdorf ins Leben gerufen hat. Das Projekt hat das Ziel, durch präzise und automatisierte Datenerfassung eine hohe Transparenz über die sogenannten „Stellschrauben“ zu schaffen, sowie Simulationen zu ermöglichen. Über Simulationen kann aufgezeigt werden, wie z.B. Veränderungen in der Formel- oder Verpackung eines Hautpflegeprodukts die CO2-Bilanz unseres Unternehmens mittel- und langfristig beeinflusst.   

Wir haben mit dem cross-funktionalen Team gesprochen, das sich aus dem Job-Tandem Birte Paustian-Blömer und Dorothee Kässner, beide Business Program Lead Sustainability Digitalization, sowie den IT-Program Leads Paco Nuguid und Sebastian Pinzke zusammensetzt.     

Was ist so komplex an dem Thema?

Dorothee Kässner: „Um Veränderungen wirklich umsetzen und den Einfluss verschiedener Faktoren beurteilen zu können, braucht man größtmögliche Transparenz. Das klingt erstmal logisch – aber es wird beim Thema Nachhaltigkeit gerne schnell ziemlich komplex. Wir haben allein bei NIVEA und Eucerin hunderte verschiedener Formeln. Nehmen wir mal die Formulierung eines Produktes: dort kann allein die Tatsache, dass ein und derselbe Inhaltstoff aus verschiedenen Ausgangsmaterialien bestehen kann und auf unterschiedliche Weise verarbeitet wird, eine signifikante Auswirkung auf den Fußabdruck haben. Es gibt also schnell ein hohes Datenvolumen, das man sehr solide erfassen muss, um dann im zweiten Schritt mit den Informationen auch agieren zu können. Dies ist früher manuell erfolgt – eine irre Arbeit, die sehr zeitintensiv und natürlich auch fehleranfällig war.“       

Wie genau unterscheidet sich die Arbeit jetzt von früher?

Birte Paustian-Blömer: „Unser unternehmensweites CO2-Reporting, dass früher nur einmal im Jahr erhoben wurde – ganz klassisch als Nachhaltigkeitsbericht – erstellen wir jetzt automatisiert und monatsaktuell. Zusätzlich können wir Vergleiche mit den Vorjahresdaten und Prognosen für die Zukunft ganz einfach per Mausklick hinzufügen. Da wir uns bei Beiersdorf vorgenommen haben, vor allem unsere Scope 3-Emissionen massiv zu senken, sind neben unseren eigenen Daten auch die Daten unserer Zulieferer im System vorhanden. Diese entstehen z.B. durch die Herstellung der Rohstoffe oder Verpackungsmaterialien, die wir einkaufen. Vor einigen Jahren hatten wir an dieser Stelle noch keine Transparenz, geschweige denn die Möglichkeit, mit den Daten Simulationen zu fahren, die aufzeigen, wie sich unsere CO2-Bilanz durch Projekte verändert und wo wir damit bei der Zielerreichung stehen. Heute können wir frühzeitig Tendenzen erkennen und das Thema datenbasiert diskutieren, steuern und antreiben.“

Wie habt ihr die richtige IT-Lösung gefunden?

Paco Nuguid: „Die Digitalisierung von Nachhaltigkeit funktioniert nur als Teamwork – wir arbeiten in einem interdisziplinären Projektteam gemeinsam mit Dorothee und Birte, aber auch weiteren Experten aus Corporate Sustainability, R&D, Supply Chain, Finance und IT. Unserer Co-Creation-Ansatz ist aus meiner Sicht der entscheidende Schritt für Erfolg. Gemeinsam haben wir eine digitale Lösung gefunden, die die Datenqualität stark verbessert und es ermöglicht, auf Knopfdruck ein Gesamtbild unserer Nachhaltigkeitsaktivitäten bzw. deren Einfluss auf die CO2-Bilanz zu bekommen. Wichtig war auch, dass die Lösung sich ideal in unsere bestehende IT-Infrastruktur integriert.

Wir gehen so vor, dass die Daten aus verschiedenen Unternehmensquellen auf unserer One Data Platform gesammelt, konsolidiert und in Datenmodellen miteinander verknüpft werden. Technisch haben wir uns für eine Datenanalyseplattform auf Basis verschiedener Microsoft Azure- und Power Platform-Produkte entschieden. Diese ermöglichen die Analyse und Nutzung aller Faktoren, die die Emissionen bis auf die Produkt- und Produktionslinien-Ebene beeinflussen.

Mit Power BI ist es uns dann möglich, alle Elemente, die den CO2-Fußabdruck beeinflussen, durch maßgeschneiderte Dashboards für verschiedene Nutzergruppen und deren Anwendungsbereiche zugänglich zu machen. Monatliche Berichte können verschiedene Arten von Emissionen abdecken und veranschaulichen.“

Jetzt habt ihr uns neugierig gemacht. Wie sieht das Tool genau aus?

Dorothee Kässner: „Wir haben es als Dashboard aufgebaut. Zunächst sieht man die Faktoren auf der Ebene der Scope 1, 2 und 3-Emissionen. Darüber lässt sich der aktuelle Stand unserer CO2-Reduktion einsehen. Die Daten aus den verschiedenen Unternehmensbereichen werden im Hintergrund gesammelt, konsolidiert und in Datenmodellen verknüpft. Sämtliche Faktoren, die auf die Scope 1, 2 und 3-Emissionen wirken, werden dargestellt und nutzbar gemacht. Nicht nur für uns im Corporate Sustainability Team, sondern auch für unsere Kolleg*innen in der Forschung & Entwicklung ist das Tool eine sehr wertvolle Ressource. Die Art und Weise, wie die Formel zusammengesetzt ist, liefert in vielen Fällen einen relevanten Hebel, um die CO2-Bilanz des Produktes zu verringern. Für diese Zwecke haben wir einen Formelsimulator in das Tool integriert. Damit können wir die bestehende Formel mit einer CO2-optimierten Formel vergleichen und sehen, wie sich der Fußabdruck des Produktes verändert und welchen Einfluss das auf das Sortiment hat bzw. auf die übergeordnete CO2-Bilanz von Beiersdorf. Dies unterstützt eine nachhaltige Entscheidungsfindung.“

Ist das Projekt jetzt abgeschlossen oder geht ihr noch weiter?

Sebastian Pinzke: „Nein, wir sind noch nicht am Ende mit der Digitalisierung von Nachhaltigkeit. Aber wir haben schon einen massiven Fortschritt erreicht, der uns kürzlich sogar eine Auszeichnung eingebracht hat. So haben wir auf dem SustainableIT European Impact Summit einen der begehrten Impact-Awards für unser „Sustainability Digitalization Program“ erhalten.  

Künftig sollen unsere operativen Systeme noch enger mit den Dashboards, die wir gebaut haben, kommunizieren. Der Formelsimulator wird derzeit beispielsweise einmal täglich aktualisiert. Wenn unsere Produktentwickler*innen etwas für eine neue Formel einwiegen oder Inhaltsstoffe tauschen wollen, soll dies künftig in Echtzeit im operativen System sichtbar werden. Dann müssen die Kolleg*innen nicht mehr den Schritt über das Reporting gehen, sondern fragen die operativen Systeme direkt an einem zentralen Punkt ab. Dadurch würden wir für Beiersdorf die maximale Transparenz von Nachhaltigkeitsdaten über alle Systeme hinweg bekommen.“

Vielen Dank, Birte, Dorothee, Paco und Sebastian, für diese spannenden Einblicke!

Über die Autorin: Katrin Selzer

Katrin Selzer

Katrin ist seit 2003 bei Beiersdorf tätig. Nach verschiedenen Positionen in den Bereichen Marketing, Strategie, Digital und PR, verantwortet sie seit September 2018 als Senior Communication Manager den Themenbereich Nachhaltigkeit. Für Katrin hat Nachhaltigkeit eine hohe persönliche Bedeutung, da sich damit die Welt zum Positiven verändert – und den kommunikativen Beitrag dazu leistet sie. Sie kommuniziert mit viel Leidenschaft und versucht auch selbst das Thema voran zu treiben. Auch in ihrem Privatleben ist sie stets auf der Suche nach Mitteln und Wegen einen nachhaltigen Lebensstil zu leben und andere dazu zu inspirieren.