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16.09.2021

Tobias Schulze über seinen Entwicklungsweg in die Führungsebene

Tobias Schulze (36), VP Supply Chain North America, hat in jungen Jahren bereits eine vielseitige Karriere durchlebt. In diesem Interview berichtet er über die Relevanz von Flexibilität in der eigenen Entwicklung, dem Aufbrechen von Silos und der Bedeutung von Netzwerken im Berufsleben.

Tobias Schulze
Tobias Schulze, VP Supply Chain North America

Tobias, vor etwa einem halben Jahr hast du die Rolle als Vice President Supply Chain für Beiersdorf North America übernommen. War diese Position ein festes Ziel, auf das du lange hingearbeitet hast?

Um ganz ehrlich zu sein: Nein, das war sie nicht. Ich habe mich schon immer mehr von Neugier und Tatendrang leiten lassen, statt von einem detaillierten Entwicklungsplan, indem alle Schritte schon im Voraus feststanden. Meiner Meinung nach ist es wichtiger, Chancen zu sehen und sie zu ergreifen, sobald sie sich ergeben. Für mich gab es nie diesen einen geraden Weg, auf dem ich meine Positionen und Qualifikationen abhake, wie Punkte auf einer To-Do-Liste. Dazu gehörte auch, mich von ursprünglichen Ideen zu lösen, wenn sie für mich nicht mehr gepasst haben. Doch immer wieder neue Wege einzuschlagen bedeutete dabei nie, dass die bisherigen Erfahrungen weniger wert waren. Im Gegenteil – ich konnte aus jeder Phase meines Lebens etwas Wichtiges für die Folgende lernen. 

Sicherlich ging es dabei aber nicht direkt von der Schulbank in eine Führungsposition bei Beiersdorf. Wie genau bist du denn ins Karriereleben gestartet?

Ganz am Anfang stand ein Maschinenbaustudium. Ich komme aus einer sehr bodenständigen Familie ohne akademischen Hintergrund. Finanzielle Unabhängigkeit und Sicherheit waren mir bei diesem Schritt daher sehr wichtig, weshalb ich mich für ein Duales Studium entschieden habe. So konnte ich auch direkt breite Erfahrungen auf dem Gebiet der Produktionsprozesse in Werken sammeln. Nach abgeschlossenem Studium sah ich aber keine längerfristigen Entwicklungsmöglichkeiten und entschloss mich mit 23 für einen Unternehmenswechsel, der mir eine Position als stellvertretender Abteilungsleiter ermöglichte. Nachdem mein damaliger Chef jedoch gleich zu Beginn ausfiel, war das „stellvertretender“ gefühlt schnell gestrichen. 

Sich mit 23 in einer Führungsposition zu behaupten ist sicher nicht einfach. Hat das bei dir auf Anhieb funktioniert?

Man sollte vielleicht wissen, dass die Mitarbeiter*innen, die ich nun plötzlich im Alleingang managen sollte, zum Großteil wesentlich älter waren als ich. Damals dachte ich, dass mir Anzug und Krawatte im Werk helfen würden, trotz meines Alters einen durchsetzungsfähigen Eindruck zu hinterlassen. Das war aber einfach nicht ich und hat auch gar nicht ins Team gepasst. Ich habe schnell gemerkt, dass ich besser damit fuhr, ich selbst zu sein. Ich habe die Krawatte abgelegt und mich stattdessen auf mein wahres Ich besonnen. Ich stellte Fragen, zeigte mein aufrichtiges Interesse und redete niemandem das nach, was er oder sie gerne hören wollte. Und das hat funktioniert. Authentizität bringt einem letztlich doch immer noch den größten Respekt ein. 

Das hört sich nach einem Ende gut – alles gut an. Aber seitdem ist noch einiges passiert, oder?

Das ist richtig. Wie beschrieben habe ich immer Ausschau nach neuen Möglichkeiten gehalten, die mein Interesse wecken. So konnte ich Verantwortung für eigene Werke und später eine Position in England übernehmen, um Auslandserfahrungen zu sammeln. Dann habe ich von einem ehemaligen Kollegen gehört, der mittlerweile bei Beiersdorf arbeitete und die familiäre Unternehmenskultur beschrieb. Für mich stand der Mensch schon immer im Fokus der Arbeit. Das reine Durchpreschen von Kennzahlen, ohne die Mitarbeiter*innen dahinter zu sehen, wird langfristig nie zum Erfolg führen. Ich hatte daher das Gefühl, dass die Mentalität und Arbeitskultur von Beiersdorf und mir gut zusammenpassen. Ich habe deshalb Kontakt aufgenommen und einen passenden Job gefunden, indem mein positives Bauchgefühl schnell bestätigt wurde. Dabei habe ich auch gemerkt, dass es in einem großen Unternehmen immer wieder Möglichkeiten und Raum für Veränderungen gibt, was mir natürlich entgegenkam.

Welche Veränderungen hast du innerhalb deiner sieben Jahre bei Beiersdorf durchlebt?

Ich habe als Operations Manager begonnen und konnte durch die Unterstützung von Beiersdorf einen berufsbegleitenden MBA starten. Über mein Studium bin ich unter anderem nach Shanghai gekommen und habe mich mit den Beiersdorf Kolleg*innen vor Ort vernetzt. Dadurch hat sich die Chance auf eine regionale Führungsrolle ergeben und schon habe ich drei Jahre in China verbracht, wobei ich beruflich auch viel gereist bin und meine Masterarbeit zum Beispiel in Australien beendet habe. Ich konnte in dieser Zeit viel über verschiedene Sichtweisen lernen. Ich habe schon immer einen holistischen Ansatz verfolgt und finde es wichtig, das Gesamtgeschäft und die verschiedenen Perspektiven aller Beteiligten zu verstehen. Um meinen bisherigen Überblick noch weiter ausbauen zu können, wollte ich nach meinen lokalen und regionalen Erfahrungen, Einblicke in das globale Business erhalten und dabei zeitgleich einen weiteren Perspektivenwechsel erhalten: Von der Produktionsseite hin zur Distribution von Produkten. Das hat mir meine anschließende Rolle als Global Supply Chain Director, erst für den Bereich Health Care und dann zusätzlich für unsere Derma Marken, ermöglicht.

Wie hast du diesen Perspektivwechsel erlebt?

Ich dachte zunächst, dass eine Rolle im Headquarter viel bürokratischer und mit langen Abstimmungsschleifen verbunden ist. Aber dem war nicht so. Besonders meine Teams innerhalb der Bereiche Derma und Health Care sind zwar global, aber verhältnismäßig etwas kleiner. Hierarchien sind entsprechend flacher und Prozesse kürzer. Das hat mir viel Agilität erlaubt und vor allem die Möglichkeit, Dinge einfach mal auszuprobieren und neue Ansätze zu verfolgen. Zudem kann man auf einer kleineren Skala noch besser den Gesamtüberblick über das Geschäft erhalten. Ich konnte also meine ganzheitliche Denkweise noch einmal weiter ausprägen und habe damit genau das erreicht, was ich mir von dem Schritt erhofft habe. Und es hat mich sehr gut auf meine jetzige Position vorbereitet.

Du hast in deinen jungen Jahren schon eine sehr abwechslungsreiche Karriere erzielt. Was kannst du Leuten raten, die noch am Anfang ihres Berufslebens stehen?

Zum einen sollte man flexibel bleiben. Durch einen zu detaillierten Plan versteift man sich gegebenenfalls zu sehr und nimmt neue Chancen vielleicht gar nicht wahr. Und solche Chancen ergeben sich häufig durch gute Netzwerke, wie sich in meinem Werdegang klar gezeigt hat. Ich kann also nur empfehlen, sich mit vielen Menschen zu verknüpfen, neugierig zu bleiben, von anderen zu lernen und Beziehungen aufzubauen. Dadurch kann man auch die eigene holistische Denkweise fördern und sich von Silos lösen – für mich persönlich ein sehr wichtiger Aspekt. Vor allem Auslandserfahrungen können dabei noch einen zusätzlichen Perspektivwechsel und eine inklusive Denkweise unterstützen. Natürlich spielen auch Ambition und ein starker Wille eine wichtige Rolle. Dabei sollte man aber nicht immer direkt mit dem Kopf durch die Wand. Ein gesundes Maß an Reflektion ist entscheidend. Auf der einen Seite sollte man Aufgaben von Kolleg*innen und Führungspositionen genau beobachten und bewerten. Gleichermaßen sollte man sich auch selbst reflektieren: Was sind meine Stärken und wo habe ich noch Raum, mich zu verbessern? Die Antworten auf diese Fragen stellen eine gute Basis dar, um sich selbst anzutreiben und weiterzuentwickeln. Und mein letzter und wichtigster Ratschlag: Habt Spaß, an dem, was ihr tut. Es mag sich klischeehaft anhören. Doch ich bin der festen Überzeugung, dass man nur so sein volles Potenzial entfalten kann. Und dann wird sich auch der Erfolg einstellen.

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Carolin Schreyer

Über die Autorin: Carolin Schreyer

Carolin ist innerhalb des Corporate Communications Teams für die Kommunikation rund um unsere Pharmacy- und Selektiv-Marken verantwortlich. Dabei kümmert sie sich um internationale Kommunikationsprojekte für Marken wie Eucerin, Aquaphor, Hansaplast und La Prairie.