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17.08.2017

„eCommerce ist ein Marathon – kein Sprint.“

Chatbots, Shopping per Sprachassistent, Drohnenlieferung – die Art, wie wir Waren kaufen und konsumieren verändert sich massiv. Sigmar Werz, Corporate Director Global eCommerce, erzählt, wie Beiersdorf mit den laufend neuen Anforderungen umgeht.

SW – Auf Konferenzen treffe ich häufig auf Unternehmer, die sagen „Nur ein physischer Shop kann dem Verbraucher ein echtes Einkaufserlebnis bieten.“ Es ist noch nicht lange her, da hätte ich diese Aussage blind unterschrieben. Doch wenn ich eines gelernt habe, dann ist es, dass sich Verbraucherwünsche und -erwartungen enorm verändert haben… und dieser Prozess ist längst noch nicht am Ende.

NIVEA Website

Als Verantwortlicher für das globale eCommerce-Geschäft bei Beiersdorf beschäftige ich mich genau damit. Wie sieht das „perfekte“ Einkaufserlebnis für den eShopper heute und in Zukunft aus? Schon jetzt werden per App Hautanalysen durchgeführt. Chatbots beantworten Verbraucherfragen autonom und in Echtzeit, und Dank der schnellen Kommerzialisierung neuer Technologien, können Unternehmen ihren Kunden realitätsnahe 360°-Shoppingtouren durch ihre Stores anbieten – Virtual Reality ganz bequem vom eigenen Sofa aus. Wenn wir uns anschauen, wie stark digitale Technologien bereits in unseren Alltag integriert sind und wie sehr das unsere Art zu konsumieren und zu kaufen in den letzten Jahren verändert hat, dann ist klar: Erwartungen an das Einkaufserlebnis verändern sich mit. Bei Beiersdorf haben wir daher schon vor Jahren wichtige, strategische Weichen gestellt – unter anderem den Relaunch der technologischen Plattform hinter den NIVEA Webseiten 2015. Darauf sind wir sehr stolz, denn die Plattform ermöglicht die Verbindung eines leistungsstarken Content Management Systems mit einer marktführenden eCommerce-Infrastruktur und unserem Kundenbindungsprogramm. Hier bieten wir den Verbrauchern einen echten Mehrwert – Informationen, Produkte und Beratung mit einem hohen Maß an Personalisierung. Wir wiederum erhalten so ungefilterte Einblicke über ihre Bedürfnisse und ihr Kaufverhalten und können dadurch immer besser Wünsche erfüllen. So haben sich unsere Umsätze im NIVEA eShop in den letzten Jahren vervielfacht.

NIVEA eCommerce Shopper

Jetzt geht’s erst richtig los

Aber sich auf diesem Erfolg auszuruhen, wäre fatal! Wir müssen kontinuierlich auf dem neuesten Stand bleiben und Zukunftstrends evaluieren. Daher sehe ich eCommerce als Marathon und nicht als Sprint, auch wenn sich der Markt schneller entwickelt als erwartet. 2007 betrug der Onlineanteil am Einzelhandel in Deutschland noch 2,4 Prozent, 2011 waren es schon 5,6 Prozent, und für 2017 geht man von 9,9 Prozent aus. Natürlich wächst das Onlinegeschäft in den verschiedenen Ländern unterschiedlich schnell. In China und Korea liegt der Anteil bereits bei rund 20 Prozent, während es in anderen Ländern gerade erst losgeht. Doch die rasante Entwicklung des Onlinegeschäfts ist ein globales Phänomen, bei dem die FMCG-Branche sogar noch ein Nachzügler ist. Während sich Branchen, wie Kleidung, Bücher oder Unterhaltungselektronik laut aktuellem HDE Online-Monitor beim Onlinehandel in Deutschland z.B. in Richtung Sättigung bewegen, geht es in der Kosmetik mit dem Wachstum jetzt erst so richtig los. Bei Beiersdorf merken wir das deutlich: Unser eCommerce-Nettoumsatz ist von 2015 auf 2016 um mehr als 70 Prozent gestiegen. Hier liegt für uns also noch enormes Potenzial, das es in den nächsten Jahren auszuschöpfen gilt.

Beiersdorf digital trainings and events

Experimentieren, scheitern, lernen

Um das zu schaffen, müssen wir experimentieren, aus Fehlern lernen und uns weiterentwickeln. Daher bieten wir unseren Mitarbeitern verschiedene Trainings an, tauschen Best Practice-Beispiele aus und erarbeiten in cross-funktionalen Teams immer neue, auf den Markt und die Shopper-Bedürfnisse angepasste Strategien. Anfang Juni haben wir z.B. den ersten „eCommerce Hackathon“ bei Beiersdorf organisiert. Zwei Tage lang haben wir uns mit der Frage beschäftigt, welche Rolle eCommerce für NIVEA in Zukunft spielen wird. Wir haben Chancen und Risiken diskutiert, kreativen Impulsvorträgen zugehört, Zukunftsszenarien entwickelt und eCommerce mit allen Facetten für uns neu definiert. In diesem Zusammenhang war zum Beispiel „Contextual Commerce“ ein wichtiges Thema. Das heißt, Verbrauchern auch außerhalb von Shops und Marktplätzen zur Verfügung zu stellen, was sie möchten. So haben wir kürzlich begonnen z.B. die sogenannten Amazon Dash Buttons zu testen, bei denen Verbraucher in ihrem eigenen Umfeld per Knopfdruck Waren nachbestellen können. Denn jederzeit und möglichst einfach zu shoppen – das erwarten Verbraucher immer mehr. Für uns, unsere Supply Chain und unsere Partner ist das natürlich eine große Herausforderung – insbesondere in technologischer Hinsicht.

Evolution der Verbraucher-Erwartungen

Vor allem führende Online-Händler wie Amazon oder Alibaba geben hier den Takt vor. Seit Mai beispielsweise ist Amazon Fresh auch in Deutschland erhältlich. Neben einem überdurchschnittlich großen Warensortiment bietet Amazon eine Lieferung der Lebensmittel innerhalb weniger Stunden noch am selben Tag. Wo traditionelle Lebensmittelhändler seit Jahren Schwierigkeiten mit dem Aufbau, der Logistik und Profitabilität ihres eCommerce-Geschäfts haben, gelingt es dem Branchenriesen hiermit wieder neue Maßstäbe zu setzen und die Erwartungshaltung der Konsumenten gegenüber anderen Anbietern zu steigern. Auch die Relevanz von Empfehlungen im Kaufprozess wurde durch Amazon & Co entscheidend mitgeprägt. Studien belegen, dass Konsumenten den Bewertungen, also den Ratings und Reviews, vertrauen und diese die Kaufentscheidungen maßgeblich beeinflussen. Gerade junge Labels sind oftmals deshalb so erfolgreich, weil sie ihren eShop in ausgeklügelte Online-Marketing-Konzepte integrieren, die speziell auf die Generierung von Verbraucherbewertungen abzielen. So nutzen sie den Empfehlungseffekt und bekommen gleichzeitig direktes Feedback vom Konsumenten.

In dieser Hinsicht eignet sich eCommerce also nicht nur, um Produkte online zu verkaufen – es ist auch ein mächtiges Instrument in Bezug auf Verbrauchernähe und Markenpflege. Und hier liegen seit jeher die großen Stärken von Beiersdorf. Zusammen mit unserer Innovationskraft werden uns diese dabei helfen, unsere Verbraucher tagtäglich mit unseren Produkten und Services glücklich zu machen.

Über den Autor Sigmar B. Werz

Sigmar verantwortet das Onlinegeschäft aller Beiersdorf Marken für den Massenmarkt, inklusive NIVEA. Sein Ziel ist es, die Verbraucher auch online glücklich zu machen und Beiersdorfs eCommerce Business voranzutreiben. Er sieht darin viel Potential, doch auch mit den Herausforderungen setzt er sich kritisch auseinander. Grundsätzlich ist es ihm wichtig, verantwortungsvoll mit der Digitalisierung umzugehen. Privat shoppt Sigmar meist online – bei Lebensmitteln bleibt er seinem Lieblings-Wochenmarkt bisher treu.